Tiroler Kinder und Jugend GmbH
Ein Jahresrückblick in Zahlen sagt viel über den Einsatz und die Bemühungen unserer Teams um jedes Kind und jede/n Jugendliche/n aus.
So hat das SCHUSO Team im Schuljahr 2015/2016 gesamt 5.868 Beratungen mit Schüler*innen geleistet, konnten in unserer Turntable Wohngemeinschaft Kufstein 18 Mädchen und 16 Buben in schweren Lebenssituationen aufgenommen und betreut werden und führten die Kinderschutzzentren Innsbruck, Wörgl, Imst und Lienz 4.925 Beratungen und Psychotherapien mit 1.452 Klient*innen durch. Nach dem Motto, „wer ein Kind rettet, rettet die ganze Welt“, sind wir überzeugt, dass wir einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen leisten konnten und können.
Und das Jahr 2016 war für uns ein wichtiges und gutes Jahr, auch in personeller Hinsicht: So konnte im Jänner 2016 unser Fachbereichsleiter für die SCHUSO-Schulsozialarbeit, Mag. (FH) Philipp Bechter, das mittlerweile 30 Mitarbeiter*innen starke Fachteam übernehmen. Eine inhaltliche Stärkung durch die Installierung der Fachbereichsleitung mit Mag. Martin Schölzhorn erfuhren im Mai 2016 die Tiroler Kinderschutzzentren. Die Leiterin der Turntable WG Kufstein, DSA Katharina Neuschmid, erhielt nunmehr gleichwertige Kollegen auf Leitungsebene.
Neue Aufgaben ziehen Änderungen – nicht nur in struktureller Hinsicht – auch im Außenauftritt nach sich. So war es ein großer Wunsch unserer Teams, den bisherigen Firmennamen Tiroler Kinderschutz GmbH zu erneuern. Namensgeberin war zwar die älteste Säule Kinderschutz, jedoch kamen weder unsere Aufgabenbereiche SCHUSO noch Turntable im Namen vor. Mit Ende des Jahres 2016 wurde daher der neue Name: Tiroler Kinder und Jugend GmbH, Prävention Beratung Begleitung Schutz, aus der Taufe gehoben, der nunmehr den breiten Aufgabenbereich für Kinder und Jugendliche in Tirol widerspiegelt.
Als lebendige und lebhafte Organisation arbeiten wir auch stark nach Innen an der Fortbildung und Weiterentwicklung unserer Teams, um unser Angebot für die Kinder und Jugendlichen zu schärfen und bestmöglich gewährleisten zu können. So organisierte die Turntable WG Kufstein ein hochprofessionelles Anti-Gewalt-Training, die SCHUSO spezialisierte sich im Bereich Mobbing, Sexting und ihren Präventionsprojekten und die Kinderschutzzentren befassten sich eingehend mit der Arbeit mit komplex traumatisierten Kindern und Jugendlichen, unter Anleitung von Andreas Krüger, Psychiater und Psychotherapeut aus Hamburg. Diese Veranstaltung wurde auch für andere Beratungsexpert*innen Tirol weit ermöglicht.
Unsere Präventionsprojekte, seien es Klassenpräventionen unserer SCHUSO, wie Kinderrechte, Umgang mit neuen Medien, Jugendschutz, etc. und der Kinderschutzzentren, wie das „Bärenstark“-Volksschulprojekt oder die „Kindergruppen“, konnten 2016 sehr erfolgreich durchgeführt werden. Damit erfüllte sich unser Wunsch, möglichst viele Kinder und Jugendliche in ganz Tirol – vor allem in den Tiroler Bezirken – zu erreichen.
Dass wir noch nicht am Ziel sind, zeigen Statistiken, wie die des Gewaltschutzzentrums 2016 mit 846 Kindern als Opfer und Zeug*innen häuslicher Gewalt in Tirol. Wir sehen dies als Auftrag und werden weiter für die Kinder und Jugendlichen in Tirol da sein und unterstützen, wo Hilfe gebraucht wird.
Mein herzlicher Dank gilt unseren Teams: Backoffice, SCHUSO, Kinderschutz und Turntable und jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedem einzelnen Mitarbeiter, unseren Kooperationspartner*innen, Förder*innen und Fachgremien für die tägliche Unterstützung, den kritischen Blick auf und das Gelingen unserer Arbeit.
Bericht von:
Mag.a Karin Hüttemann, Geschäftsführung Tiroler Kinder und Jugend GmbH
Die Tiroler Kinder und Jugend GmbH betreibt drei Säulen. Zum einen die Tiroler Kinderschutzeinrichtungen mit den Standorten Innsbruck, Imst, Lienz und Wörgl. Zum anderen die Schulsozialarbeit Tirol, mit Standorten in Imst, Innsbruck, Rum, Jenbach, Wörgl, Kufstein, Lienz und Nußdorf/Debant. Seit September 2013 zählt auch die Krisenwohngemeinschaft Turntable in Kufstein zu den Einrichtungen der Tiroler Kinder und Jugend GmbH.
Die SCHUSO – Schulsozialarbeit ist eine Hilfestellung der Kinder- und Jugendhilfe, bei der Sozialarbeiter*innen kontinuierlich am Lebensraum Schule tätig sind. Sie setzt sich zum Ziel, durch Angebote in der Prävention sowie Intervention, die Situation von Schüler*innen, deren relevantes Umfeld sowie das gesamte
Schulklima zu verbessern.
Konkret: Sozialarbeiterische Beratungen, Ganzheitliche und nachhaltige Präventionsarbeit in Form von sozialen Gruppenarbeiten und Projekten, Anlassbezogene Interventionen im Klassenverband bzw. der Peergroup, Konfliktmoderationen, Mitgestaltung des Schulalltags, Informationsveranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit, Gemeinwesen- und sozialraumorientierte Arbeit.
Auch 2015 und 2016 wurde das Angebot an allen Standorten sehr in Anspruch genommen – alleine im Schuljahr 2015/16 wurden 5868 Beratungen mit Schüler*innen und 862 mit Eltern bzw. Erziehungsberechtigten sowie 780 Präventions- und Interventionseinheiten durchgeführt.
Die Beratungsthemen reichten im Kalenderjahr 2016 bei den 2309 erreichten Schüler*innen von Konflikten im Klassenverband oder in der jeweiligen Peergroup, Mobbing, schulischen und familiären Problemen bis hin zu selbstverletzendem Verhalten, häuslicher sowie sexueller Gewalt. Häufig kamen die Schüler*innen auch bezüglich einer Rechtsauskunft oder Fragen zum Thema Sexualität auf die Schulsozialarbeit zu.
Häufige Themen in den Beratungen mit Eltern bzw. Erziehungsberechtigten waren Fragen zur Erziehung und/oder zur Schullaufbahn. Auch die Lehrer*innen nutzten das Angebot der „Externen“, wenn man sich beispielsweise um Schüler*innen oder Klassen sorgte. Auffälligkeiten und Probleme wurden dann gemeinsam reflektiert und diesen nachgegangen. Diese Besprechungen wurden zwar dokumentiert, aber nicht statistisch erfasst.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die Schulsozialarbeit oft eine Drehscheibenfunktion hat, sodass die Zielgruppen an die zuständigen bzw. geeignetsten Helfer*innen(systeme) weitervermittelt werden – bei Gefährdung des Kindes- und Jugendwohles wird selbstverständlich der Meldepflicht an die Kinder- und Jugendhilfe nachgekommen.
Die Präventionseinheiten widmeten sich meistens den Themen Kinderrechte, Umgang mit neuen Medien, Jugendschutz, Konsum, Gewalt sowie Sexualität und aus gegebenem Anlass auch dem Thema Flucht. Bei den Interventionen ging es meistens um die Verbesserung des Klassenklimas und Fälle von Mobbing.
Aufgefallen ist, dass die Neuen Medien sowohl Kinder, Jugendliche als auch Erwachsene sehr beschäftigen bzw. (heraus)fordern – weshalb dazu auch Artikel veröffentlicht und Informationsveranstaltungen abgehalten wurden.
2015 und 2016 waren auch sehr vom Ausbau der SCHUSO – Schulsozialarbeit geprägt: März 2015 Start Lienz und Nußdorf-Debant, September 2015 Start Wörgl, Kufstein und Innsbruck/Pradl, Jänner 2016 Installation der Fachbereichsleitung, April 2016 Start Pilotprojekt SCHUSO Volksschule Neu-Rum, September 2016 Start Rum und Start Brixlegg voraussichtlich gegen Jahresende.
Im Rahmen von Klausuren und internen Arbeitskreisen beschäftigte man sich mit der Erstellung eines Leitbildes, der neuen Corporate Identity, der Optimierung des Dokumentations- und Statistiksystems, der Adaptierung des Grundkonzepts sowie der Erstellung eines Handbuches.
Dem Thema Mobbing widmete man sich unter anderem gemeinsam mit Studierenden des Departements „Soziale Arbeit“ des Management Center Innsbruck – die Ergebnisse sind via www.stop-mobbing.at auch für die Öffentlichkeit zugänglich.
Auch auf bundesweiter Ebene leistet die SCHUSO ihren Beitrag zur Professionalisierung der Schulsozialarbeit in Österreich und bringt sich bei der Arbeitsgruppe Schulsozialarbeit der Österreichischen Gesellschaft für Soziale Arbeit sowie der Entwicklungspartnerschaft Schulsozialarbeit, einer Kooperation zwischen dem Europäischen Sozialfonds, dem Bundesministerium für Bildung
und den Ländern, aktiv ein.
Der Erfolg der SCHUSO – Schulsozialarbeit basiert auf dem entgegengebrachten Vertrauen – für das wir uns an dieser Stelle bedanken wollen. Er basiert aber auch auf der Profession der Sozialen Arbeit, unseren hohen Qualitätsstandards sowie unseren engagierten Sozialabeiter*innen (alle Absolvent*innen einer Sozialakademie oder eines FH-Studiums „Soziale Arbeit“).
Autor: Mag.(FH) Philipp Bechter, Fachbereichsleiter
Nach wie vor dauert unsere vorübergehende Begleitung von Kindern und Jugendlichen (12 – 18 Jahren) bis zu drei Monate. Die Kids kommen in schwierigen Lebenssituationen in unsere Kriseneinrichtung, in denen es vorerst nur darum geht Schutz zu bieten, Entlastung zu gewährleisten und das notwendigste zum Leben bereitzustellen.
Einen Schutzraum zu bieten führt im Idealfall dazu, dass sich im Leben des/der Jugendlichen wieder annähernd Stabilität bilden kann. Erst mit sicherem Boden unter den Füßen ist es möglich, klare Entscheidungen zu treffen.
Diesen sicheren Boden benötigen auch wir als Helfer*innen.
Für uns gilt es auszuloten, welche Perspektive für den/die Jugendliche/n sinnvoll und möglich ist. Speziell im Jahr 2016 haben wir als Team daran gearbeitet, uns in der „Elternarbeit“ zu qualifizieren. Für uns hat sich in den allermeisten Betreuungsverläufen klar gezeigt, dass Elternarbeit dann stattfinden muss, wenn das Kindes- und Jugendwohl durch den Kontakt zur Herkunftsfamilie nicht in Gefahr gerät. Wir müssen uns in jedem Fall an der Lebenswelt des Systems orientieren, um zu wissen, in welchem Arbeitsfeld wir uns bewegen.
Das Einverständnis der Herkunftsfamilie mit uns zu kooperieren ist aber nur in den seltensten Fällen eine Selbstverständlichkeit. Eine wertschätzende und neutrale Grundhaltung der Familie gegenüber ist Voraussetzung für eine Zusammenarbeit. Wir haben uns dazu in dem Bereich „Gesprächsführung“ weitergebildet. Wir führen nicht nur die regelmäßigen Einzelgespräche mit den Kids, sondern auch die im 2 – 3 Wochen Takt stattfindenden Hilfeplangespräche. Dazu kommen in der Regel der/die Jugendliche, deren Obsorgeberechtigte, der/die zuständige SozialarbeiterIn, falls vorhanden der/die ambulante BetreuuerIn und der/die Bezugsbetreuerin unseres Teams. Ziel der Gespräche ist, das System im besten Fall zu entlasten und die Zeit nach unserem Aufenthalt abzuklären. Das muss nicht am Beginn unseres Betreuungsverlaufes erfolgen, in dieser Phase ist die Stabilisierung wesentlicher. Erst nach einiger Zeit, nachdem alle etwas zur Ruhe gekommen sind, wird es erkenntlich, welche Wünsche, Vorstellungen und Vorschläge es von allen Parteien zu berücksichtigen gilt. Aber auch die behindernden Schwierigkeiten oder bestehenden Konflikte müssen behandelt und Lösungsvorschläge ausgearbeitet werden. Im Verlauf der Betreuung bemühen wir uns darum, die Ressourcen des/der Jugendlichen und des Herkunftssystems zu erfahren und wir werden in dem Bestreben nicht Müde, den Familienmitgliedern ihre Stärken zu vermitteln.
Bei all diesen Vorgehen bleibt die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen in unserem Fokus.
Wir analysieren in unseren Teamsitzungen, was wir als förderliche oder hinderliche Einflüsse erachten. Dazu müssen wir mit der nötigen Vorsicht arbeiten, um Spekulationen keinen Platz einzuräumen. Unsere Beobachtungen und Annahmen überprüfen wir in regelmäßigen Abständen.
Ist eine Stabilisierung der Familie möglich und können die Eltern dazu befähigt werden, ihre Elternschaft unter verbesserten Lebensbedingungen fortzuführen, so steht der Rückführung in die Familie nichts
im Weg.
Der rege Austausch zu den anderen Helfern ist uns sehr wichtig. Unsere geleistete Arbeit macht nur dann Sinn, wenn die Familien auch nach unserer Betreuung weiterhin Unterstützung erfahren. Das ist zwar nicht in allen Fällen möglich, aber erstrebenswert.
Ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen aber, die von uns begleitet werden, werden im Anschluss an unsere Betreuung in weitere Einrichtungen untergebracht. Auch in diesen Fällen ist die Elternarbeit nicht umsonst. Die Erfahrung, vom Helfersystem ernst genommen und nicht als „Versager“ deklariert worden zu sein, ermächtigt sie vielleicht dazu, auch in der weiterführenden Einrichtung noch als Eltern für ihr Kind da zu sein, und das zu geben, was sie geben können.
Zu den Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Elternarbeit braucht es nicht nur ausreichendes pädagogisch und sozialarbeiterisch qualifiziertes Fachpersonal.
Geeignete Räumlichkeiten sind ebenso eine maßgebliche Voraussetzung. Das bezieht sich im Speziellen auf die Möglichkeiten, ungestörte Gespräche zu führen, sowie getrennte Gespräche von Minderjährigen und Eltern führen zu können. Bislang war das im Turntable aus Platzmangel kaum möglich. Auch die Sicherheit konnten wir nur bedingt gewährleisten, da die Gesprächsräume zugleich Durchzugszimmer darstellten.
Unsere Bemühungen und unsere Beharrlichkeit haben sich gelohnt und es ist uns gelungen, dass wir mit Februar 2017 neue Räumlichkeiten dazubekommen haben. Mit großem Dank an die Stadt Kufstein und an das Land Tirol, auch wir fühlen uns wertgeschätzt!
Bericht von:
Mag.a (FH) Stefanie Aufschnaiter
DSA Katharina Neuschmid, Fachbereichsleiterin
Alter | Mädchen | Buben |
12 | 2 | 1 |
13 | 2 | 1 |
14 | 2 | 2 |
15 | 8 | 5 |
16 | 3 | 4 |
17 | 2 | |
18 | 1 | 1 |
Mädchen | 18 |
Buben | 16 |
Durchschnittsalter | 15 Jahre |
Verweildauer | 50 Tage |
Folgeeinrichtungen | 14 |
Herkunftssystem | 14 |
Selbstabbruch | 1 |
Abbruch durch Turntable | 1 |
Auszeit | 1 |
Sonstiges | 3 |
Summe | 43 |
KiJu Schwaz | 6 |
KiJu Kufstein | 17 |
KiJu Kitzbühel | 2 |
KiJu IBK-Land | 2 |
KiJu IBK-Stadt | 4 |
KiJu Imst | 1 |
Fachteam Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge | 2 |
Summe | 34 |
Seit Mai 2016 gibt es erstmals eine Fachbereichsleitung für den Tiroler Kinderschutz, bestehend aus 4 Beratungsstellen in Tirol, mit Standorten in Innsbruck, Lienz, Imst und Wörgl.
Als langjähriger Mitarbeiter habe ich mich im Frühjahr letzten Jahres für diese Stelle beworben. Den Bewerbungsprozess erlebte ich emotional recht intensiv: sowohl für mich persönlich als auch für meine
Kolleg*innen.
Als ehemaliger Mitarbeiter des Tiroler Kinderschutzes kenne ich die Arbeit von innen sehr gut, ein Vorteil, als langjähriger Kollege, der nun in eine Leitungsfunktion wechselt, auf jeden Fall auch eine große Herausforderung.
Dieser Umstrukturierungsprozess im Tiroler Kinderschutz war rückblickend ein recht „durchwachsener“ Prozess, mit Höhen und Tiefen: die Organisationsentwicklung läuft noch, beteiligt ist die Geschäftsführung mit den drei Fachbereichsleiter*innen aus den Bereichen Schulsozialarbeit, Turntable-Krisenwohngemeinschaft und Tiroler Kinderschutz. Die inhaltliche Entflechtung von Geschäftsführung und Fachbereichsleitung stellt eines der zentralen Themen dar.
Alles in allem eine interessante und verantwortungsvolle Aufgabe, die ich als Fachbereichsleiter übernommen habe.
Die Vergangenheit holt mich auch immer wieder ein bisschen ein: erst vor kurzem hat sich ein ehemaliges Therapiekind, jetzt ein Jugendlicher, bei mir gemeldet, mit der Anfrage, ob er mich besuchen kommen könnte: er würde gerne mein neues Büro sehen und fragen, wie es mir denn nun so geht in meinem neuen Job?
Meine Antwort ist mir noch nicht ganz klar, aber ich weiß, dass ich den Schritt in die Fachbereichsleitung bis jetzt nicht bereut habe, weil es aus fachlicher Sicht noch viel zu tun gibt.
Abschließend möchte ich ein Dankeschön an alle fachlichen Mitarbeiter*innen aussprechen, die diese Veränderung mitgetragen haben und nach wie vor mittragen, an die Geschäftsführerin Karin Hüttemann, die mit mir in ihrer Konfliktfähigkeit oft gefordert war und an die Verwaltung, die die auftretenden Spannungen auch immer wieder aushalten mussten!
Autor: Mag. Martin Schölzhorn, Fachbereichsleitung
Wir sind eine Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche die von körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt betroffen sind.
In diesem Zusammenhang beraten und begleiten wir deren Bezugspersonen, allen voran deren Familien, aber auch Lehrer*innen, Kindergärtner*innen, Pädagog*innen und Sozialarbeiter*innen und andere helfende Berufsgruppen, die mit den Kindern /Jugendlichen in Kontakt stehen.
An uns kann sich jeder/jede wenden, der/die Fragen zum Thema Gewalt hat. Daher beraten wir gerne Freunde und Bekannte von Betroffenen, aber auch zahlreiche professionelle Helfer*innen, die in ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Kontakt haben.
Und wir beraten ebenso Bezugspersonen von Kindern / Jugendlichen, die sich mit dem Verdacht auf körperliche, psychische und/oder sexuelle Gewalt sowie Vernachlässigung an Kindern an uns wenden. Wir informieren Helfer*innen, die mit Kindern / Jugendlichen arbeiten, über Signale und Symptome, die von Gewalt betroffene Kinder aussenden.
Uns ist besonders wichtig, dass unser Angebot anonym und kostenlos ist. Im Zentrum unserer Arbeit stehen die Bedürfnisse der betroffenen Kinder und Jugendlichen. Wir orientieren uns an den Wünschen und Ressourcen der Betroffenen und versuchen in einer ruhigen und wertschätzenden Atmosphäre gemeinsam an nächsten Schritten und v.a. an Möglichkeiten zur Selbsthilfe zu arbeiten.
Aufgrund der Abhängigkeit und Hilfsbedürftigkeit von Kindern kann es bei Gefährdung manchmal auch notwendig werden, die Position der Beratung zu verlassen und aktiv Schritte zum Kinderschutz einzuleiten. Dabei arbeiten wir gemeinsam mit der Kinder- und Jugendhilfe und anderen Kooperationspartner*innen an Hilfeplänen, um Schutz und sichere Rahmenbedingungen für eine gesunde Entwicklung der Kinder und Jugendlichen herzustellen.
Dabei ist es uns sehr wichtig, alle Schritte mit den Betroffenen abzusprechen.
Die enge Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Kooperationspartner*innen ist ein wesentliches Element unserer Arbeit, da vor allem in Zusammenhang mit der Dynamik in Gewaltprozessen ein sehr umsichtiges und vernetztes Arbeiten unabdingbar ist.
Wir beraten und informieren auch über gerichtliche und außergerichtliche Möglichkeiten. Im Fall einer Anzeige bieten wir den Kindern/Jugendlichen und deren Bezugspersonen Prozessbegleitung an.
Das heißt wir informieren über das Verfahren, klären alle auftretenden Fragen, begleiten zu Gericht und stellen Jurist*innen an die Seite.
Dieses Angebot ist ebenfalls kostenlos.
In manchen Fällen ist es notwendig, den Kindern und Jugendlichen ein therapeutisches Angebot im Kinderschutzzentrum zu stellen, da diese aufgrund der Ereignisse an zahlreichen Symptomen einer Traumafolgestörung leiden. Alle Berater*innen unserer Einrichtung sind mehrfach qualifiziert: sozialarbeiterische/sozialpädagogische/psychologische Grundausbildung, Psychotherapieausbildung mit dem Schwerpunkt Kinder und Jugendpsychotherapie, und Kenntnisse zur Traumatherapie und Gewaltthemen sind grundlegend.
Wir bieten auch Kindergruppen für akut von häuslicher Gewalt betroffene Kinder an. Mit dem Ziel, „psychische Erste Hilfe“ zu leisten. Dabei kommen Elemente der Traumapädagogik zum Tragen. Wesentliche Schwerpunkte dabei sind die Stabilisierung der Kinder und bei Bedarf die Erarbeitung weiterer notwendiger und sinnvoller Hilfestellungen.
Gewalt gegen Kinder kann aus unserer Sicht nur im Kontext psychischer, sozialer, ökonomischer und gesellschaftlicher Zusammenhänge verstanden werden. Daher sind, über die Einzelfallarbeit hinaus, Auseinandersetzungen mit Gewalt fördernden Umständen und Möglichkeiten der Veränderung auf sozialer und gesellschaftspolitischer Ebene Arbeitsbereiche des Kinderschutzes.
Öffentlichkeitsarbeit und Präventionsprojekte sollen die Öffentlichkeit sensibilisieren und Kinder in ihrer Wahrnehmung und ihrem Selbstvertrauen stärken.
Die folgenden Zahlen und Grafiken beziehen sich auf alle Kinderschutzeinrichtungen der Tiroler Kinder und Jugend GmbH mit den Standorten Innsbruck, Imst, Lienz und Wörgl.
2016 kontaktierten uns 1.452 Personen und suchten Hilfe und Unterstützung bei den Einrichtungen des Kinderschutzes. Davon waren 258 Kinder und Jugendliche.
Es kam im Jahr 2016 zu 4925 Beratungskontakten. Der Großteil sind Beratungen und Psychotherapien mit von Gewalt betroffenen Kindern oder Jugendlichen, die über längere Zeit regelmäßig in die Beratungsstellen kommen. Zum anderen Teil handelt es sich hier um Beratungen von Bezugspersonen, sowie von Professionellen, will heißen, Pädagog*innen, Sozialarbeiter*innen, Kindergartenpädagog*innen, Lehrer*innen usw. die in Bezug auf Kinder- und Jugendliche eine Gefährdung vermuten oder befürchten. Wir unterstützen diese professionellen Helfer*innen gerne darin, gemeinsam eine Einschätzung zu treffen und eventuelle weitere Schritte zu planen.
Gewalt gegen Kinder und Jugendliche erfordert intensive Beratungstätigkeiten mit den Betroffenen und ihrem familiären und sozialen Umfeld. Darum nehmen wir immer wieder an Helfer*innenkonferenzen teil oder leiten diese an. Nur so kann auch längerfristig Schutz und Hilfe für die von Gewalt betroffenen Kinder und Jugendlichen und die Unterstützung der Eltern/Erziehungsberechtigten gewährleistet werden. Dazu gehört häufig auch die Arbeit mit der Gewalt ausübenden Person innerhalb der Familie. Dabei bleibt unser Fokus immer auf den Bedürfnissen des betroffenen Kindes.
Anzahl Klient*innen | 1452 |
Beratungen / Psychotherapien 2015 | 4.925 |
Von den insgesamt 258 Kindern und Jugendlichen, die in unseren Einrichtungen in Innsbruck, Imst, Lienz und Wörgl zu Beratungen und Psychotherapien kamen oder das Angebot der psychosozialen Prozessbegleitung in Anspruch nahmen, waren 182 weiblich und 76 männlich. Dies entspricht einer prozentuellen Aufteilung von 71 % Mädchen und 29 % Burschen.
In der graphischen Darstellung der demographischen Verteilung ist klar zu erkennen, dass der Anteil der weiblichen Kinder und Jugendlichen in allen angeführten Altersklassen sehr hoch ist. In der Altersklasse 15 – 19 Jahre sind von 55 Jugendlichen 48 weiblich.
0 bis 6 Jahren | weiblich 33 | männlich 18 |
7 bis 14 Jahren | weiblich 101 | männlich 51 |
15 bis 19 Jahren | weiblich 48 | männlich 7 |
Wir sind in Tirol die wichtigste Anlaufstelle zum Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, einschließlich des Verdachtes auf sexuelle Gewalt. Darum stellt diese Arbeit auch unseren Hauptschwerpunkt dar. Aber auch zu anderen Themen wie z. B. physische und psychische Gewalt gegen Kinder und Jugendliche werden wir immer häufiger kontaktiert.
Erläuternd sei erwähnt, dass jeweils nur das Hauptthema, mit dem Kinder/Jugendliche zu uns kommen, in der Statistik abgebildet wird. Meist sind Kinder von mehreren Gewaltformen betroffen. Sexuelle Gewalt hat auch immer etwas mit Zwang und psychischer Gewalt im Sinne des Machtmissbrauchs zu tun.
Beratungsinhalt | Beratungskontakte |
---|---|
Sexuelle Gewalt und Verdacht auf sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche | 2861 |
Physische Gewalt gegen Kinder und Jugendliche | 627 |
Psychische Gewalt gegen Kinder und Jugendliche | 417 |
Psychische Probleme | 130 |
Familiensystem/ Scheidung/Trennung | 318 |
Psychosoziale Probleme | 264 |
Täterarbeit | 51 |
Vernachlässigung | 113 |
Sonstige Themen | 144 |
Gesamtsumme | 4925 |
Für uns ist es sehr wichtig, zu wissen, wie der Kontakt der Klient*innen zu unseren Einrichtungen hergestellt wurde. Ob dieser durch die Klient*innen selbst oder die Erziehungsberechtigten bzw. durch das private Umfeld erfolgte, oder ob der Kontakt durch Professionelle hergestellt wurde. So können wir auch gezielte Öffentlichkeitsarbeit leisten, um uns als Facheinrichtung zu
institutionalisieren.
Kontakt durch das private Umfeld | Anzahl | Summe |
Klient*innen selbst | 109 | |
Erziehungsberechtige | 292 | |
Nachbar*innen | 2 | |
Verwandte | 34 | 437 |
Kontakt durch Professionelle | Anzahl | Summe |
BH/Jugendwohlfahrt | 371 | |
Sonstige Professionelle | 291 | |
Stationäre Einrichtungen | 119 | |
Schulpsychologie | 6 | |
Schule, Kindergarten | 32 | |
Ärzt*innen, Klimik | 12 | |
Gericht | 3 | 834 |
Ohne Angaben – Summe | 181 | |
Gesamtsumme | 1452 |
Unsere Einrichtungen bieten seit 2002 psychosoziale und juristische Prozessbegleitung an. Das heißt, dass wir Kinder und Jugendliche und deren Bezugspersonen bei polizeilichen Anzeigen und während des Strafverfahrens unterstützen und begleiten. An unserer Seite haben wir Rechtsanwält*innen, die unsere Klient*innen bestmöglich vor Gericht vertreten, Akteneinsicht nehmen und im Vorfeld die oft schwierige juristische Materie den Kindern- Jugendlichen und deren Eltern erklären.
Für die Familien entstehen so keine Anwalts- und Gerichtskosten und die Kinder- und Jugendlichen sowie deren Bezugspersonen können möglichst schonend durch den meistens sehr belastenden Prozess eines Gerichtsverfahrens hindurchgehen.
Im Jahr 2016 waren dies insgesamt 63 Fälle. Davon wurden 24 Fälle aus den Vorjahren übernommen und 39 Prozessbegleitungen starteten 2016.
Es wurden 58 Kinder und Jugendliche und 5 Bezugspersonen betreut.
Bericht von: Mag.a (FH) Karin Hüttermann,
Mag.a Elke Luwitsch
Mädchen 43 |
Burschen 15 |
Bezugspersonen 5 |
Die Implementierung der Prozessbegleitung als flächendeckendes Angebot in ganz Österreich Anfang der 2000er Jahre stellte eine große Errungenschaft zur Verbesserung des Opferschutzes dar. Seit 2002 wird Prozessbegleitung auch durch den Tiroler Kinderschutz angeboten.
In den ersten zehn Jahren sind die Zahlen der begleiteten Kinder und Jugendlichen und ihrer Bezugspersonen stetig gestiegen. Seit 2011 liegen die Zahlen jährlich zwischen 60 und 100 begleiteten Klient*innen. Im Jahr 2016 konnten wir 63 Personen, davon 43 Mädchen, 15 Buben und 5 Bezugspersonen durch ihr Verfahren am Gericht begleiten.
Im Jahr 2015 hat die Prozessbegleitung eine zusätzliche Stärkung durch die EU-Opferschutzrichtlinie erfahren, die in das neue Strafrechtsprozessänderungsgesetz 2015 Eingang gefunden hat. Diese EU-Richtlinie zielt darauf ab, die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern im Strafverfahren zu verbessern.
Die wesentlichste Aufgabe in der Prozessbegleitung ist die möglichst schonende Begleitung des Opfers durch den Weg des Verfahrens, um zusätzliche belastende Erfahrungen bestmöglich zu minimieren. Dabei geht es um die Stärkung des Opfers durch umfassende Information und Begleitung, damit sich das Opfer nicht nur als Zeuge, sondern auch als Beteiligter des Verfahrens mit bestimmten Rechten wahrnehmen kann.
Ein wichtiger Aufgabenbereich der Prozessbegleitung ist dabei die Beratung von betroffenen Kindern und Jugendlichen und ihren Bezugspersonen bereits vor einer eventuellen Anzeige. Dabei versuchen wir, in Beratungsgesprächen aufzuzeigen, was auf die Kinder bzw. Jugendlichen und ihre Familie während eines Prozesses zukommen kann und wie ein Verfahren abläuft.
Mit den Kindern bzw. Jugendlichen und ihren Bezugspersonen überlegen wir gemeinsam, ob eine Anzeige notwendig ist und hilfreich sein könnte. Die Entscheidung darüber trifft aber immer die jeweilige Familie. Wir halten es für sehr wichtig, dass die Kinder bzw. Jugendlichen selbst mitentscheiden können, ob es zur Anzeige kommt oder nicht. Die Kinder bzw. Jugendlichen sind ja bereits einmal Opfer geworden. Im günstigsten Fall können sie die Mitentscheidung für oder gegen eine Anzeige als einen Schritt aus dem Opfer-Sein heraus erleben.
In der Praxis geschieht es hingegen oft, dass jemand aus dem Umfeld der Kinder bzw. Jugendlichen Anzeige erstattet, und sich die Kinder bzw. Jugendlichen notgedrungen den darauf folgenden Verfahrensschritten stellen müssen. Sobald die Polizei Kenntnis von einem Straftatbestand im Bereich der sexualisierten Gewalt erhält, ist sie verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten. Nicht immer ist es dann von Beginn an möglich, dass sich die Eltern und Kinder bzw. Jugendlichen an eine Opferschutzeinrichtung wenden können, um Prozessbegleitung in Anspruch zu nehmen und sich vorher gut darüber zu informieren, was jetzt alles auf sie zukommen wird.
In vielen Fällen werden wir im Kinderschutzzentrum erst kurz vor der Kontradiktorischen Einvernahme am Gericht von der Familie kontaktiert. Dann bleibt uns oft nur wenig Spielraum, um die Kinder bzw. Jugendlichen kennenzulernen und Belastungen abzufedern.
Hier gibt es noch einiges für uns zu tun: etwa bei regelmäßigen Vernetzungstreffen unsere Kooperationspartner*innen bei der Polizei und am Gericht immer wieder darüber zu informieren, was wir leisten können und welchen Mehrwert die Begleitung des Kindes im Strafverfahren auch für die Qualität der Aussage und damit für den Ausgang des Verfahrens haben kann. Möglichst wenig Anspannung und Unsicherheit zu empfinden, erleichtert es den Kindern bzw. Jugendlichen, das Erlebte konzentriert zu schildern und sich gut zu erinnern. Dabei sind stützende und haltgebende Rahmenbedingungen für Kinder bzw. Jugendliche sehr wichtig, um nicht wieder in eine Situation zu geraten, in der sie sich ohnmächtig oder ausgeliefert fühlen.
Ebenso wichtig ist hier die Begleitung der Bezugspersonen der betroffenen Kinder bzw. Jugendlichen. Wenn diese in ihren eigenen Fragen zum Ablauf des Verfahrens gut aufgefangen und informiert werden, besonders auch durch die enge Zusammenarbeit mit der/dem juristischen ProzessbegleiterIn, können sie ihrem Kind zusätzlich den Rücken stärken und dem Ausgang des Verfahrens ruhiger entgegensehen.
Ziel der Prozessbegleitung sollte sein, dass alle am Verfahren beteiligten Personen ihren Beitrag leisten können, um den Kindern und Jugendlichen die verschiedenen Stationen auf dem Weg durch das Verfahren zu erleichtern.
Als Prozessbegleiter*innen sehen wir uns hier in einer Vermittlungs- und Übersetzungsrolle: auf der einen Seite bereiten wir Kinder und Jugendliche auf die Gesetzmäßigkeiten eines juristischen Verfahrens vor und stehen ihnen dort zur Seite, während wir uns auf der anderen Seite bemühen, die Bedürfnisse der Kinder in diesem Prozess wahrzunehmen und darauf aufmerksam zu machen, welche Rahmenbedingungen Kinder benötigen, um am Verfahren möglichst unbelastet teilhaben zu können. Auch wenn sich schon vieles in der Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartner*innen bei der Polizei und am Gericht bewährt hat, sehen wir es doch als unsere Aufgabe an, uns auch weiterhin für die Verbesserung der Stellung der betroffenen Kinder und Jugendlichen in einem möglichen Strafverfahren einzusetzen.
Autorin:
Mag.a Cornelia Köll-Senn, Mirarbeiterin Kinderschutzzentrum Imst
Flächendeckende Vernetzungsarbeit zum Thema sexuelle Gewalt bzw. Verdacht auf sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen mit Sozialarbeiter*innen und Sozialarbeitern der Kinder- und Jugendhilfe Tirol
Im Rahmen des vorliegenden Projekts hat der Tiroler Kinderschutz sein besonderes Augenmerk auf die Vernetzung mit Sozialarbeiter*innen der Tiroler Kinder- und Jugendhilfe gelegt. Keine Person und keine Institution können sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen alleine abklären, beenden und die Folgen tragen. Darum ist unbedingt eine Kooperation mit involvierten Berufsgruppen notwendig.
Dieses Projekt, mit dem 225 Personen erreicht wurden, wurde zu einem Großteil durch eine Förderung des BMWFJ im Rahmen der Plattform gegen die Gewalt in der Familie finanziert.
Von den Schulen und den Eltern nehmen wir einen dringlichen Bedarf wahr, zu den Themen: Gewalt unter Kindern, Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und sexuelle Gewalt oder Übergriffe auf Kinder, mit den Klassen zu arbeiten.
Die Klassenlehrer benötigen diesbezüglich Unterstützung durch Fachpersonen, die zu diesem Thema mit den Kindern in der Klasse arbeiten und zur Entlastung der emotionalen Situation beitragen. Den Eltern wie Lehrer*innen geht es dabei darum, dass ihre Kinder besser vor Gewalt geschützt sind. Das Programm dient dementsprechend in erster Linie der Stärkung von Kindern.
Dieses Projekt wird ebenfalls durch Spendengelder und eine Subvention des Landes Tirol, Abt. Bildung, finanziert und konnte im Jahr 2016 an Volksschulen im Bezirk Innsbruck Land angeboten werden.
Seit dem Jahr 2010 können aufgrund von großzügigen Spenden sowie Subventionen des Landes Tirol, Abt. Soziales, und der Stadt Innsbruck vorerst wieder Kindergruppen angeboten werden. Diese richten sich an Kinder zwischen 6 und 10 Jahren, die unmittelbar und akut von häuslicher Gewalt – als Zeug*innen oder selbst – betroffen sind. Der Fokus dieser Gruppen liegt darin, eine erste Einschätzung über den Hilfebedarf der betroffenen Kinder zu gewinnen und diesen mit traumapädagogischen Elementen und Stabilisierungstechniken dabei behilflich zu sein, das Erlebte zu verarbeiten.
Was ist Gewalt? Wie kann ich mich davor schützen? Wann und wo soll ich mir Hilfe holen?
Das sind nur einige Fragen, die mit dem Projekt Bärenstark an Tiroler Volksschulen beantwortet werden. Fragen, die nicht neu sind, aber immer wieder gestellt werden. Vielerorts ist es ein Tabu, über Gewalt zu reden. Manche reagieren sprachlos, weil Gewalt so schrecklich und unfassbar ist, andere sind davon fasziniert, wieder andere verharmlosen sie und erkennen sie nicht.
Seit dem Jahr 2013 sind Mitarbeiter*innen des Tiroler Kinderschutzes in verstärktem Maß außerhalb der Beratungsstelle unterwegs, um Kinder und Erwachsene für dieses Thema hellhörig zu machen. Kinderschutzarbeit muss schon beginnen, bevor Gewalt stattfindet. Erwachsene können Gewalt nicht verhindern, aber sie können ihren Kindern beibringen, dass sie sie unterstützen, ganz gleich, was passiert. Und dass es auch andere Personen außer den Eltern gibt, die das können. Eltern sind nicht immer verlässlich.
„ Bärenstark“ – diesen Namen haben wir gewählt, weil er Kinder und Erwachsene anspricht und positiv wirkt. Wir wollen Kinder in ihrem Selbstbewusstsein stärken und dazu ermutigen, sich zu äußern – auch und vor allem in schwierigen Situationen. Auf diesem Hintergrund wurde das Konzept der Gewaltprävention entwickelt.
Prävention in Schulen umfasst Gespräche mit den Lehrer*innen und Direktor*innen, einführende Elternabende und Gruppenarbeiten mit den Kindern in Workshops. Folgende Themen werden in den Workshops bearbeitet und besprochen: der Umgang miteinander (hinhören, sprechen und sprechen lassen, hinschauen), das Unterscheiden von angenehmen und unangenehmen Gefühlen und deren Körperreaktionen, das Erkennen von Ungerechtigkeiten und Grenzüberschreitungen, Möglichkeiten, sich an andere zu wenden und sich Hilfe zu holen.
Seit Beginn des Projekts „Bärenstark“ wurden Präventionen an 13 Volksschulen durchgeführt. Die „Tour“ begann im Tiroler Oberland, darauf folgend an Schulen in IBK Land und im Tiroler Unterland. Insgesamt wurden 368 Schüler*innen, deren Lehrer*innen und Bezugspersonen angesprochen. Im Jahr 2016 nahmen die Schulen VS Absam Dorf, VS Mils, VS Hans Sachs Schwaz und VS Innerweerberg am Projekt Bärenstark teil.
Wir trafen auf durchwegs engagierte Lehrer*innen und Direktor*innen, die auch nach den Workshops mit den Kindern an der Thematik weitergearbeitet haben. Großes Interesse erlebten wir bei den Elternabenden, die gut besucht waren und einen hohen Männer-Anteil aufwiesen. Die Erfahrungen mit den Kindern haben uns darin bestärkt, weiterhin daran mitzuwirken, Kindern die Augen zu öffnen für ein Thema, das jeden betrifft. Über Gewalt zu sprechen, ist die Voraussetzung, um gemeinsam gegen Gewalt auftreten zu können.
Wenn die Eltern und andere Erziehungspersonen mit den Kindern genauer hinschauen, Ungerechtigkeiten frühzeitig erkennen, Grenzüberschreitungen nicht einfach hinnehmen, können sie sich eher vor Gewalt schützen. Dazu braucht es „bärenstarke“ Kinder und Erwachsene.
Autorin:
Mag.a Julia Millonig, langjährige MitarbeiterIn und GründerIn Kinderschutzzentrum Imst
Die Kinderschutz Kindergruppen sind ein niederschwelliges und kostenloses Angebot, in dem Kinder welche Opfer und/oder Zeugen häuslicher Gewalt wurden, Hilfe und Unterstützung erfahren können. 2011 wurde die erste Gruppe angeboten, in den letzten sechs Jahren haben sich die Kindergruppen zu einem festen und wichtigen Bestandteil der Kinderschutzarbeit entwickelt. Seit 2014 können dank der Unterstützung des Handl Tyrol Hilfsfonds auch in Imst Kinderschutz Kindergruppen angeboten werden.
Das Angebot der Kindergruppen richtet sich an Mädchen und Buben zwischen 6 und 11 Jahren. Kinder die häuslicher Gewalt ausgesetzt waren, können in der Gruppe Sicherheit und Stärkung erfahren. Auch für Kinder mit Mobbingerfahrungen stellen unsere Gruppen ein wichtiges Auffangbecken dar.
Die Kinder haben in der Gruppe die Möglichkeit ihre Ängste, Unsicherheiten und Schwierigkeiten auszudrücken. Dabei erfahren sie Hilfe und Unterstützung durch die anderen Gruppenmitglieder und die zwei Gruppenleiterinnen. In der Kindergruppe stehen die Aktivierung von Ressourcen und die Förderung der Stärken jedes Einzelnen im Vordergrund. Dies kann zur Stabilisierung des Selbstwertes beitragen. Unterstützt wird dieser Prozess durch Therapiehündin Emma. Spielerisch werden in dem sicheren Rahmen der Gruppe neue Erfahrungen gemacht und das Gefühl vermittelt, mit den vergangenen, belastenden Erfahrungen nicht alleine zu sein. Die Kinder werden ermutigt, sich mitzuteilen. Dadurch können sie voneinander lernen und neue Verhaltensmöglichkeiten erproben. In der Gruppe wird methodisch vielfältig gearbeitet. Durch freies Spiel, kreatives Gestalten, Rythmik und Rollenspiele, können die Kinder alternative Beziehungserfahrungen machen und ihre Ressourcen stärken.
Die Kindergruppen finden in der Erziehungsberatung Innsbruck statt, wir bedanken uns für die Möglichkeit die Räume zu nutzen. Die Erstgespräche, Zwischengespräche und Abschlussgespräche finden im Kinderschutzzentrum Innsbruck statt.
Die Ausweitung des Angebotes der Kindergruppen wäre sinnvoll, kann aber nur über eine ausreichende Finanzierung und eine gute Kooperation zu unseren Netzwerkpartnern, vor allem der Kinder/Jugendhilfe gewährleistet werden. In Innsbruck konnten wir eine stabile Finanzierung und ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern schaffen. Auf Grund der erfolgreichen Umsetzung des Projektes Kindergruppen ist es uns ein Anliegen, dieses kostenlose und niederschwellige Unterstützungsangebot 2017 auch in Landeck zu verankern. Um dies umsetzen zu können, sind wir auf die Unterstützung unserer Netzwerkpartner, insbesondere der Kinder/Jugendhilfe angewiesen und hoffen auf eine gute Zusammenarbeit.
Autorin:
Hannah Steinleichner, BA, Koordinatorin Kinderschutz Kindergruppen