Wien, 22.12.2015, Utl: Die Österreichischen Kinderschutzzentren beziehen Stellung zum Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2015 und machen sich für eine Adaptierung des Gesetzesentwurfs in Richtung EU‐Opferschutzrichtlinien stark.
Die Österreichischen Kinderschutzzentren begrüßen die Verbesserung der rechtlichen Situation von minderjährigen Opfern von Straftaten, die durch das neue Strafprozessrechtsänderungsgesetz erwirkt wurde. In einigen Belangen greift der neue Gesetzesentwurf jedoch noch zu kurz.
So ist auch im neuen Entwurf das Kriterium für die Gewährung von Opferrechten nicht die Betroffenheit und Belastung der Kinder und Jugendlichen, sondern, ob ein Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Täters auszumachen ist.
Weiters werden auch im aktuellen Entwurf Kinder und Jugendliche, die Zeugen von (häuslicher) Gewalt sind, nicht als Opfer gemäß § 65 Abs.1 lit. a StPO erfasst und sind von Opferrechten, wie zB Prozessbegleitung ausgeschlossen.
Ein drastisches Beispiel macht dieses Missverhältnis deutlich, erklärt Dr.in Adele Lassenberger, Vorsitzende des Bundesverbandes Österreichischer Kinderschutzzentren:
„Werden Kinder Zeuge von massiver Gewalt gegen die eigene Mutter, und diese kommt dabei zu Tode, gilt der Opferbegriff und es besteht Anspruch auf zB Prozessbegleitung. Gelingt es den Kindern einzuschreiten und die Tötung der Mutter zu verhindern, gilt der Opferbegriff für sie nicht mehr. Waren nicht nur die eigenen Kinder Zeuge, sondern zB auch das Nachbarkind, dann besteht für dieses keinerlei Anspruch, selbst wenn die Mutter zu Tode gekommen ist.
Für uns ist diese Ungleichbehandlung der sehr betroffenen Kinder nicht nachvollziehbar“.
Zahlreichen Studien (z.B. die groß angelegte ACE‐Studie aus den USA) belegen, dass Zeugenschaft von Gewalt massive Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter haben kann – vor diesem Hintergrund ist der Opferbegriff auf diese Gruppe Geschädigter unbedingt auszuweiten. Denn nur dadurch haben die so sehr betroffenen Kinder auch Anspruch auf kindgerechte Unterstützung im Zusammenhang mit der Strafjustiz.
Eine Übersicht über alle Stellungnahmen finden Sie auf www.parlament.gv.at